Schulden? Was soll ich tun?

Johann Tillich • 8. Mai 2025

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 ABOWI fragt Johann Tillich, Vorstand des Verein für Existenzgründung e. V. in Karlsfeld / München, als Experte zur Schuldnerberatung.

In Deutschland versinken mehr Menschen in ihren Schulden. Im Jahr 2020 glaubten fast 17 Prozent der Deutschen mit Zahlungsschwierigkeiten zu hadern. Mehr als die Jahre zuvor. Doch was tun, wenn der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht und Banken und Gläubiger Druck machen. Viele Menschen geraten in Panik und fürchten nie wieder ein normales Leben führen zu können. Hilfe erfahren Betroffene durch Schuldnerberatungsstellen und Verschuldete erkennen, dass ein Neuanfang möglich ist. Langjährige Erfahrungen von etablierten Schuldnerberatungsstellen weisen darauf hin, dass der Gang zu einem Berater Verbrauchern und Unternehmen aus Gründen wie Stolz oder Scham sehr schwer fällt. Aber warum der Gang zu Schuldnerberatern besonders als Vorsorge der richtige Weg ist, fragen und erklären wir mit Schuldnerberater Johann Tillich aus München.

Im Gespräch erläutert der erfahrene Schuldnerberater Herr Johann Tillich aus seiner langjährigen Praxis, wie er Betroffene Schritt für Schritt Möglichkeiten für den Weg zurück ins wirtschaftliche Leben aufzeigt. Johann Tillich, Vorstand des Vereins für Existenzgründung in Karlsfeld hilft Menschen und Unternehmen wieder das Ruder in die Hand zu nehmen und nicht in den Schulden zu ertrinken. Zudem ist Herr Tillich staatlich geprüfter Anlage- und Vermögensberater, Schöffe in mehreren Gerichten, Treuhänder für Insolvenzverfahren und Autor für Fachbücher.

Wir suchen Antworten: Welche Wege gibt es aus den Schulden? Welche Unterschiede zwischen den Insolvenzen? Wann wird es Zeit sich an eine Beratungsstelle, wie die von Herrn Tillich zu wenden?

Josefine Schulte: Hallo Herr Johann Tillich, bitte stellen Sie sich und Ihr Tun kurz vor.
Johann Tillich: Guten Tag, mein Name ist Johann Tillich und ich bin Vorstand des Vereins für Existenzsicherung e.V. (VfE) aus Karlsfeld bei München. Wir sind seit einiger Zeit auch in Berlin vertreten. Wir helfen Menschen durch eine Schuldnerberatung seit über 30 Jahren, haben mittlerweile über 4.000 Vergleichsverhandlungen geführt, im Thema Steuersparmodelle und seit 1999 kümmern wir uns hauptsächlich um Verbraucher und Regelinsolvenzen für Verbraucher und für Firmen.

Josefine Schulte: Warum melden sich Menschen bei Ihnen?
Johann Tillich: Zum einen haben wir Verbraucher, die gerade in der heutigen Pandemie wurden viele arbeitslos oder sind in Kurzarbeit und können jetzt durch das geringere Einkommen ihre Raten nicht bezahlen. Also, die Banken und die Gläubige machen Druck auf die Leute. Es gibt zwei Wege.
Den Kopf in den Sand zu stecken oder sich an eine professionelle Schuldnerberatung zu wenden, die ihnen helfen kann.
Heute gibt jetzt die Möglichkeit, Vergleiche auszuhandeln, auch mit den Banken oder auch mit den Gläubigern, falls nur eine kurze Durchstecke besteht oder im schlimmsten Fall die Insolvenz vorzubereiten und durchzuführen. Bei Firmen ist es so, dass genauso Firmen Probleme kriegen, aufgrund der Pandemie in die Schulden rutschen, weil diese keine Einnahmen mehr haben.

Bei GmbHs ist es sehr wichtig die Frist zur Insolvenzanmeldung nicht zu versäumen, sonst macht man sich strafbar. Bei Einzelfirmen gibt es diese Frist nicht und diese Firmen machen sich nicht strafbar. Sondern es ist wichtig, die Insolvenz zu begleiten. Außerdem treten die meisten Probleme nach dem einreichen der Insolvenz oder sobald der Insolvenzverwalter sich meldet ein. Auch hier unterstützen wir die Menschen während der gesamten Zeit der Insolvenz .

Josefine Schulte: Wann wird es nötig, eine Beratung aufzusuchen?
Johann Tillich: Frühzeitig, wenn man merkt, dass es irgendwo klemmt. In diesem Augenblick sollte man eine Schuldnerberatungsstelle aufzusuchen. Dann haben wir noch die Möglichkeiten zu helfen. Werden wir erst aufgesucht, wenn der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht und die Schufa zerschossen wurde, wird es es schwieriger. Vergleichbar mit der Medizin. Am besten besucht man seinen Arzt oder Ärztin zur Vorsorge und nicht zur Nachsorge.
Viele Schäden lassen sich durch eine frühe Beratung vermeiden. Also raten wir immer dazu, keine Scheu vor einer Schuldnerberatung. Es kann nur besser werden.

Josefine Schulte: Ihre Spezialgebiete sind Verbraucher- und Regelinsolvenz. Was verbirgt sich hinter diesen beiden Begriffen?
Johann Tillich: Die Verbraucherinsolvenz hat den Vorteil, dass unser Kunde alle Gläubiger von uns anschreiben lassen kann. Wir übernehmen das gesamte Verfahren und reichen den Insolvenzantrag bei Gericht ein. Das Verfahren, da wir keine Wartezeiten haben, dauert circa sechs bis zwölf Wochen. Danach ist Kunde insolvent, hat ab diesem Zeitpunkt nichts mit den Gläubigern zu tun. Ab diesem Zeitpunkt kümmert sich der Insolvenzverwalter um alle weiteren Vorgänge und nach drei Jahren ist der Verschuldete schuldenfrei.

Bei Firmen läuft es ein bisschen anders. Es werden keine Gläubiger angeschrieben, sondern die Gläubiger werden einfach in einer Tabelle aufgenommen. Und der Insolvenzantrag wird der Gericht eingereicht, das kann teilweise in zwei bis drei Wochen schon erfolgen. Wichtig ist natürlich, es gibt auch karitative Schuldnerberatungsstellen, die Firmen nicht bearbeiten dürfen. Firmen sind darauf angewiesen entweder zum Rechtsanwalt zu gehen oder zu einer professionellen Schuldnerberatungsstelle, die meistens auch günstig arbeiten können.

Josefine Schulte: Was für ein Beratungsunterschied ergibt sich zwischen einem gemeinnützigen Verein wie der IFC, karitativen Stellen oder das Aufsuchen eines Rechtsanwalts?
Johann Tillich: Karitativen Stellen arbeiten nicht umsonst, wie oft behauptet wird. Diese Stellen werden vom Staat finanziert und jeder Steuerzahler finanziert diese. Wir bekommen kein Geld vom Staat, sondern wir müssen die Gebühren verlangen, die sich an der Beratungshilfe der Gerichte orientiert, d.h. wir beginnen bei 500 Euro bei wenigen Gläubigern. Die höchste Anzahl an Gläubigern bei uns waren 186. Bei so einer hohen Zahl muss man mit bis zu 1500 Euro rechnen. Im Gegensatz zu anwaltlichen Beratung, die sich an der Gebührenordnung der Anwälte orientiert und dann auch zwischen 8000 bis 10000 Euro kosten kann. Deswegen immer, vorher nach den Kosten zu fragen.

Da kämpft man auf der Seite der Leute auch für unsere Mandanten.

Josefine Schulte: Was ist Ihr klassischer Fall in der Schuldnerberatung?
Johann Tillich: Der klassische Fall ist der Verbraucher, der zu uns kommt. Es gibt viele Verbraucher, die kaufen über Leihen, Darlehen, Einkauf ohne Zinsen, Zinslose bei Baumärkten oder Möbelmärkten etc. Viele kleine Raten ergeben irgendwann eine große Ratte und die Leute verlieren den Überblick. Dann ist es sinnvoll, zu prüfen, ob man aus diesen vielen kleinen Raten eine große Ratte machen kann, um Schulden auf eine Bank zu erzielen. Unser erstes Ziel ist immer die Insolvenzvermeidung. Wir kämpfen auf der Seite unserer Mandanten und meistens schaffen wir das auch. Ich sage immer, der schlimmste Fall für einen Kunden ist immer die Insolvenz. Nach den drei Jahren der Insolvenz steht diese auch noch für drei weitere Jahre in der Schufa. Der Kunde ist sechs Jahre gesperrt. Das versuchen wir immer zu vermeiden.

Josefine Schulte: Aus Ihrer Erfahrung gibt es eine gesellschaftliche Gruppe, die besonders betroffen ist?
Johann Tillich: Es beginnt bei Jugendlichen aber hauptsächlich geht es 28 bis 30 Jahren los und geht natürlich auch bis zu 60 und 70. Vielleicht läuft ein Darlehen zur Hausfinanzierung und die Rente reicht bei einer Waschmaschinenreparatur nicht mehr. Dann kann es passieren, dass auch jeder in die Notlage kommt. Jeder in Deutschland kann betroffen sein.

Josefine Schulte: Wie schaffen Sie es, mit der seelischen Belastung umzugehen?
Johann Tillich: Es ist schwer. Natürlich trifft es mich auch persönlich, weil wir so investiert in unsere Kunden sind und auch oft sehr für unsere Kunden kämpfen. Nach 35 Jahren ist es mir persönlich gelungen berufliches und privates zu trennen.

Johann Tillich herzlichen Dank für die aussagekräftigen Antworten und dass er sich die Zeit für dieses Interview genommen hat.

V.i.S.d.P.:

Josefine Antonia Schulte
Studentin & Bloggerin ABOWI

von Johann Tillich 7. November 2025
Viele Arbeitnehmer freuen sich im Dezember über das zusätzliche Weihnachtsgeld. Doch was passiert, wenn man sich in einem Insolvenzverfahren befindet oder Lohnpfändungen laufen? Der Verbraucherschutzverein für Existenzsicherung (VfE) erklärt, welche Teile der Sonderzahlung tatsächlich unantastbar sind. Gesetzlicher Schutz des Weihnachtsgeldes Der maßgebliche Schutz ergibt sich aus der Zivilprozessordnung (§ 850a Nr. 4 ZPO). Danach sind Weihnachtsvergütungen bis zur Hälfte des monatlichen Pfändungsfreibetrags unpfändbar. Dieser Freibetrag wird für die Berechnung aufgerundet. Seit dem 1. Juli 2025 liegt der maßgebliche Freibetrag bei 1.560 Euro. Somit gilt: ➡ Bis zu 780 Euro Weihnachtsgeld sind unpfändbar – dieser Betrag darf immer behalten werden und fällt nicht in die Insolvenzmasse. So wird die Pfändung berechnet Der Insolvenzverwalter darf nicht einfach alles pfänden, was über 780 Euro hinausgeht. In der Praxis wird nach der sogenannten Nettomethode gerechnet: Gesamtnetto ermitteln: Monatliches Einkommen plus Netto-Weihnachtsgeld. Schutzbetrag abziehen: 780 Euro vom Gesamtnetto abziehen. Pfändungstabelle anwenden: Der verbleibende Betrag ist Grundlage für die Berechnung des pfändbaren Anteils – unter Berücksichtigung etwaiger Unterhaltspflichten. Beispiel: Ein Schuldner ohne Unterhaltspflichten erhält 2.000 Euro netto Gehalt und 1.000 Euro netto Weihnachtsgeld. → Gesamteinkommen: 3.000 Euro → Abzug Schutzbetrag: 3.000 € – 780 € = 2.220 € Dieser Betrag wird nach der Pfändungstabelle bewertet. Nur der pfändbare Anteil hiervon geht an die Insolvenzmasse. Lohnpfändung oder P-Konto – entscheidender Unterschied Der Schutz des Weihnachtsgeldes hängt auch davon ab, wie die Pfändung erfolgt: Bei Lohnabtretung an den Insolvenzverwalter berücksichtigt der Arbeitgeber den Schutzbetrag automatisch. Trotzdem sollte die Lohnabrechnung überprüft werden. Bei Pfändung über ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) muss der Schuldner selbst aktiv werden: Rechtzeitig Antrag auf Erhöhung des Freibetrags beim Insolvenzgericht stellen. Unbedingt vor Auszahlung des Weihnachtsgeldes handeln – nachträgliche Korrekturen sind kaum möglich. Fazit Das Weihnachtsgeld ist auch im Insolvenzverfahren nicht vollständig verloren. Bis zu 780 Euro bleiben gesetzlich geschützt. Wer mehr erhält, sollte genau prüfen, wie der Restbetrag behandelt wird. Besonders bei einem P-Konto gilt: Frühzeitig aktiv werden, um das hart erarbeitete Weihnachtsgeld zu sichern. Tipp des VfE: Wer unsicher ist, sollte sich rechtzeitig an eine Schuldnerberatung oder den VfE wenden. So lässt sich vermeiden, dass der festliche Bonus unter den Weihnachtsbaum des Insolvenzverwalters wandert. Video
von Johann Tillich 4. November 2025
Immer häufiger berichten Verbraucher, dass Banken ihnen aufgrund einer negativen SCHUFA-Auskunft die Eröffnung eines Girokontos verweigern. Statt eines normalen Guthabenkontos wird oft nur das sogenannte Basiskonto angeboten – häufig zu deutlich höheren Gebühren. Nach Einschätzung des Verein für Existenzsicherung e.V. (VfE) ist dieses Vorgehen zwar rechtlich zulässig, aber gesellschaftlich problematisch. Der Verein fordert von den Banken mehr Fairness und Transparenz im Umgang mit Verbrauchern in schwierigen Lebenslagen. „Es ist legal, aber nicht gerecht“, erklärt Johann Tillich, Vorstand und Finanzexperte des VfE. „Niemand darf vom bargeldlosen Zahlungsverkehr ausgeschlossen werden, nur weil seine SCHUFA negativ ist. Das Basiskonto ist ein wichtiges Instrument der sozialen Teilhabe – aber es darf nicht zum teuren Ersatzprodukt für Menschen in Not werden.“ Rechtlicher Hintergrund: Vertragsfreiheit und gesetzlicher Anspruch auf Teilhabe Grundsätzlich sind Banken als privatwirtschaftliche Unternehmen durch die Vertragsfreiheit geschützt. Das bedeutet: Sie können frei entscheiden, ob sie einem Kunden ein reguläres Girokonto – auch als Guthabenkonto ohne Dispo – anbieten. Eine negative SCHUFA-Auskunft gilt dabei als Indikator für ein erhöhtes Risiko, weshalb viele Institute Kontoanträge ablehnen. Um jedoch sicherzustellen, dass niemand vollständig vom Finanzsystem ausgeschlossen wird, hat der Gesetzgeber im Zahlungskontengesetz (ZKG) (§§ 30 ff.) den Anspruch auf ein Basiskonto geschaffen. Jede Bank, die Girokonten für Verbraucher anbietet, ist verpflichtet, auf Antrag ein Basiskonto zu eröffnen – unabhängig von Bonität oder SCHUFA-Einträgen. Dieses Konto muss grundlegende Funktionen ermöglichen: Einzahlungen, Auszahlungen, Überweisungen, Daueraufträge, Lastschriften und eine Zahlungskarte. Eine Ablehnung ist nur in eng begrenzten Fällen erlaubt, etwa wenn bereits ein anderes Konto in Deutschland besteht oder der Antragsteller wegen bestimmter Vermögensdelikte gegen die Bank verurteilt wurde. Basiskonto versus Guthabenkonto – zwei ähnliche, aber rechtlich unterschiedliche Modelle Viele Verbraucher verwechseln das freiwillige Guthabenkonto mit dem gesetzlich garantierten Basiskonto. Während das Guthabenkonto ein normales Bankprodukt ist, das die Bank aus unternehmerischer Freiheit ablehnen kann, ist das Basiskonto ein Pflichtprodukt. Guthabenkonto: Reguläres Girokonto ohne Dispo. Konditionen entsprechen meist den Standardtarifen der Bank. Keine gesetzliche Verpflichtung zur Eröffnung. Basiskonto: Gesetzlich garantiert, auf Guthabenbasis geführt, mit allen wesentlichen Zahlungsfunktionen. Gebühren müssen „angemessen“ sein – sind aber in der Praxis oft höher. Johann Tillich kritisiert diese Gebührenpraxis: „In der Realität zahlen Verbraucher mit schlechter Bonität häufig drauf. Während ein Standardkonto zehn Euro im Monat kostet, verlangen manche Banken für das Basiskonto 15 bis 20 Euro. Das ist sozialpolitisch inakzeptabel und widerspricht dem Geist des Gesetzes.“ Wenn die Bank ablehnt: Das können Betroffene tun Basiskonto ausdrücklich beantragen: Wer ein Konto benötigt, sollte der Bank klar mitteilen, dass es sich um einen Antrag auf ein Basiskonto nach dem Zahlungskontengesetz handelt. Eine schlechte SCHUFA ist kein Ablehnungsgrund. BaFin einschalten: Wird der Antrag trotzdem abgelehnt, können Verbraucher ein Verwaltungsverfahren bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einleiten. Diese kann die Bank verpflichten, das Konto zu eröffnen. Anbieter vergleichen: Direktbanken und Onlinebanken sind oft kundenfreundlicher und prüfen Anträge individueller. Ein Vergleich kann sich lohnen. Fazit des VfE: Konto ist ein Menschenrecht der modernen Gesellschaft Der VfE sieht das Basiskonto als wesentlichen Baustein für soziale und wirtschaftliche Inklusion. „Wer kein Konto hat, kann kaum am gesellschaftlichen Leben teilnehmen – keine Miete überweisen, keinen Lohn empfangen, keine Online-Zahlung tätigen“, so Tillich. „Deshalb ist das Basiskonto mehr als ein Bankprodukt – es ist ein Menschenrecht in einer bargeldarmen Gesellschaft.“ Der Verein ruft Verbraucher auf, ihr Recht aktiv wahrzunehmen, und fordert Banken dazu auf, Basiskonten fair zu gestalten und nicht als „Notlösung für schlechte Kunden“ zu behandeln. Über den Verein für Existenzsicherung e.V. (VfE): Der VfE ist eine unabhängige Verbraucherorganisation mit Sitz in Karlsfeld. Ziel des Vereins ist es, Menschen in finanziellen Notlagen zu unterstützen, über Rechte im Insolvenz- und Bankwesen aufzuklären und für mehr Transparenz im Finanzsystem einzutreten. Pressekontakt: Verein für Existenzsicherung e.V. (VfE) Johann Tillich – Vorstand und Finanzexperte E-Mail: presse@vfe.de Web: www.vfe-schuldenberatung.de Telefon: +49 (0)8131-93298
von Johann Tillich 3. November 2025
Immer wieder stellt sich in der Praxis die Frage, ob Ehepartner für die Schulden eines insolventen Unternehmers haften, wenn sie den früheren Betrieb unter demselben Namen fortführen. Die Antwort lautet in der Regel: Nein. Eine Neugründung unter gleicher Bezeichnung führt nicht automatisch zur Übernahme der alten Verbindlichkeiten. Trennung von Personen und Unternehmen Die Insolvenz betrifft ausschließlich das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Schuldners – in diesem Fall des Ehemannes. Wird der Geschäftsbetrieb von der Ehefrau in Form eines neuen Gewerbes aufgenommen, entsteht ein rechtlich eigenständiges Unternehmen. Damit besteht keine automatische Haftung für die Altschulden des Mannes. Die Schulden sind Teil der Insolvenzmasse und werden ausschließlich über das Insolvenzverfahren abgewickelt. Namensfortführung und § 25 HGB Eine Haftung kann nach § 25 Handelsgesetzbuch (HGB) dann eintreten, wenn ein bestehendes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt wird. Diese Vorschrift greift jedoch nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – nach einer Insolvenz ein neues Unternehmen gegründet wird. Der Bundesgerichtshof stellt klar: Nach einer Insolvenz liegt keine echte Unternehmensfortführung mehr vor, sondern eine wirtschaftliche Neugründung. Die alte Firma gilt rechtlich als beendet. Ausnahmen nur in Sonderfällen Haftungsrisiken könnten sich allenfalls ergeben, wenn die Neugründung nur zum Schein erfolgt oder der insolvente Ehemann weiterhin die Geschäfte tatsächlich führt. Auch eine Übernahme wesentlicher Vermögenswerte aus der Insolvenz zu einem unrealistisch niedrigen Preis könnte im Einzelfall rechtliche Fragen aufwerfen. Grundsätzlich bleibt die neue Inhaberin jedoch haftungsfrei, solange sie klar und nachweislich ein eigenständiges Unternehmen betreibt. Praktische Empfehlungen Für Unternehmerinnen und Unternehmer in vergleichbaren Situationen gilt: Das neue Gewerbe sollte klar auf den Namen der neuen Inhaberin laufen. Geschäftskonten, Verträge und Buchhaltung müssen getrennt vom alten Betrieb geführt werden. Eventuell übernommene Gegenstände sollten zu marktüblichen Preisen vom Insolvenzverwalter erworben werden. Der insolvente Ehepartner sollte keine leitende Rolle im neuen Unternehmen einnehmen. Fazit Die Gründung eines neuen Restaurants durch die Ehefrau unter dem alten Namen des insolventen Mannes ist rechtlich unbedenklich, solange eine klare Trennung zwischen der alten Insolvenz und dem neuen Betrieb besteht. Eine automatische Haftungsübernahme für die Schulden des Ehemannes findet nicht statt. Video